Die Pandemie hat gezeigt, dass viele Unternehmen ein Defizit in der Digitalisierung vor sich hertragen. Gerade viele kleine Unternehmen konnten nur Umsatz durch einen schnell hochgezogenen E-Shop erzielen. Selbst diese rudimentären Shops haben das Potenzial gezeigt, das brachliegt.

Seit vielen Jahren wird E-Commerce mehr oder weniger professionell genutzt. Dabei wird oft an das Design, die Customer Journey, SEO, SEA, Analytics, Media Management und Content gedacht. Aber: Wie viele Shops gibt es? Wo ist Ihr Wettbewerbsvorteil, Ihr Nutzen für den Kunden, Ihr Wertvorteil? Und was ist, wenn Amazon oder Google Ihr Geschäft übernehmen möchte?

Heute müssen wir in Plattform und Ökosystem denken.

  • Wer gehört alles zu meinem Ökosystem?
  • Wie kann ich meine Plattform weiter öffnen, also weitere Player aus dem Ökosystem einbinden?
  • Wie erhöht sich der Wert für die Nutzer?

Multi-sided-Denken ist angesagt, also nicht nur das Denken in einfachen Korrelationen, sondern eine Beziehung auf einer Plattform kann mehrfach bestehen und jeweils anders genutzt werden, z.B. einmal als Käufer und einmal als Anbieter.

  • Wie kann die eine Kundengruppe von der anderen profitieren?
  • Wie wird eine Kundengruppe die heute Kunde ist, morgen zum Anbieter (eBay)?

Hier sortieren bspw. die Kunden, die das Basisangebot nutzen, die Angebote vor, indem sie diese kommentieren und bewerten. Die zahlende Kundengruppe bekommt so bessere und individuell passende Vorschläge.

Wie sieht Ihre Strategie Geld zu verdienen aus, wenn Sie Ihre Plattform für weitere Player öffnen?

Ich habe Professor Shaz Ansari von der University of Cambridge gefragt, welche Plattform er aufbauen würde, wenn Geld ausreichend vorhanden wäre. Seine interessante Antwort war sinngemäß: „Auf die Menschen achten! Sie wertschätzen! Sie in den Mittelpunkt stellen! Es muss bequem, einfach und transparent sein. Der Uber Fahrer ist vielleicht glücklich, dass er keinen Chef mehr hat, nur macht ihm der Algorithmus mehr Druck. Nach dem Internet of Things (IoT) brauchen wir das Internet of People (IoP).“

Jeff Bezos misst den Erfolg von Amazon daran, wie viele Experimente jeden Tag, jede Woche und jeden Monat durchgeführt werden. Geschwindigkeit ist ein wesentlicher Schlüssel. Diese Experimente werden in kleinen Schritten durchgeführt, z.B. der Verkauf von Medikamenten. Das Angebot wird schnell ausgebaut und jetzt wird Amazon in den Healthcare Markt einsteigen.

Das bestätigt auch Rob Thurner von der University of Cambridge, der uns drei Empfehlungen gab:

  1. Think Big
  2. Start Small
  3. Move Fast – und das ist besonders kritisch

Beim Nachdenken über das eigene Business Modell helfen drei Elemente:

1. Wer – wer genau ist der Kunde, die Kundengruppe? Was kann ich meiner Kundengruppe mehr geben oder welche Kundengruppe kann von einem neuen Angebot profitieren?

2. Was – was exakt ist der Wert, den Ihre Kundengruppen bekommen? Natürlich gehört dazu die nahtlose Customer Journey. Aber was genau differenziert Ihr Angebot und warum ist das für den Kunden besonders wertvoll? Für dieses kundenzentrische Denken im gesamten Unternehmen ist manchmal eine Kulturveränderung unabdingbar. Das Kundenerlebnis steht im Vordergrund.

3. Wie – wie verdienen Sie Geld mit Ihrem Angebot? Wie exakt funktioniert das und wie entwickelt sich das im Lebenszyklus Ihres Angebotes / Ihrer Plattform? Wie stellen Sie das sicher, wenn Sie Ihre Plattform weiter öffnen? Wer sind die kritischen Teilnehmer (Kunden, Lieferanten, Telekommunikationsprovider, IT und Marketingspezialisten usw.) die Sie unbedingt in Ihrem Ökosystem benötigen? Und wie gewinnen Sie diese?

Die Gedanken von Shervin Khodabandeh im Artikel ‚How to Win with Artificial Intelligence‘, vom 15. Oktober 2019, sind auch darüber hinaus relevant: Investieren Sie in AI Talent, Data Governance und Prozess-Veränderung. Die Initiative darf nicht als technische Fähigkeit, sondern als Business Transformationsinitiative gesehen werden. Nutzen Sie agile Methoden: neue iterative Arbeitsweisen und interdisziplinäre Zusammenarbeit. Data Scientist, Business Manager, Process Owner, Technologen und unterstützende Funktionen, wie z.B. Finanzen, müssen für den Erfolg zusammenarbeiten.

Also kurz: Klären Sie das wer, was, wie zur interdisziplinären Business Transformation. Und arbeiten Sie kundenorientiert, wertorientiert und schnell.